Kräuter: Zwischen Zitronenverbene, Thymian und Petersilie fühlt sich Kräuterexpertin Heide Bergmann ungemein wohl. Außerdem weiß sie genau, wie man die grünen Alleskönner einsetzt. Uns verrät sie ihre Lieblingskräuter und hat hilfreiche Tipps für den Anbau.

Es macht gute Laune, wenn in der Erde etwas gedeiht, das wunderschön riecht und genauso gut schmeckt. Auch heute gilt es als hip, sich Naturerlebnisse taufrisch in den eigenen Garten zu holen, statt schnell beim Discounter um die Ecke vorbeizuschauen. Das Superfood Kräuter zu ziehen, zu dem auch vieles Wildwachsende wie Brennnessel und Löwenzahl gehört, ist gar nicht schwer. Die kleinen aromatischen Wunder sind relativ genügsam. „Schnell mal raus und ein paar Stängel zum Kochen schneiden – das ist Kräuterglück“, sagt eine, die es wissen muss. Heide Bergmann baut seit vielen Jahren Kräuter an, hat die Passion zum Beruf gemacht. Für sie ist es eine Auszeit, wenn sie mit der Hacke im Beet steht, umgeben vom warmen Duft dessen, was sie da heranzieht und erntet. Wer erinnert sich nicht an einen Urlaub, der mit seinem Geruch von Sonne auf wildem Thymian immer wieder besondere Emotionen hervorlockt? Das Aromaabenteuer kann man genauso im eigenen Garten oder auf dem Balkon erleben – dazu ermuntert Heide Bergmann. Sie hat selbst zwei Gärten, in denen sie sät, pflanzt und erntet: „Einen im schattigen Hinterhof und einen Schrebergarten“.
Aus der Natur schöpfen
Sie gärtnert mit einer Begeisterung, dass man sich gleich hineinstürzen möchte in dieses Erlebnis von entdecken und genießen. Begeisterung alleine reicht allerdings nicht aus. „Die meisten Kräuter wachsen unkompliziert, robust und üppig“, stellt Bergmann fest. Doch ein bisschen mehr sollte man schon über sie in Erfahrung bringen. Deshalb hat die Kräuter-Fachfrau auch jede Menge Tipps und ein sehr fundiertes Wissen parat, wie man erfolgreich und nachhaltig gärtnert. Und wie Kräuter mit ihren gesundheitlichen und kulinarischen Eigenschaften zum Hauptakteur in der Küche werden: „Eine gesunde Küche ist das beste Heilmittel“. Die Faszination für die aromatischen Pflanzen hat auch damit zu tun, dass sich Bergmann früh mit Klostergärten befasst hat. Viele Mönche und Nonnen , die bekannteste ist die Äbtissin Hildegard von Bingen, wiesen bekanntlich ein fundiertes Kräuterwissen auf. Heide Bergmann erlebt es immer wieder: „Man kann so viel aus der Natur schöpfen. Wer staunen kann, die Sinne öffnet und sich berühren lässt, wird die Natur verstehen und erfolgreich gärtnern“.
Eigentlich hatte Heide Bergmann ihren Lebensweg anders vorgesehen. Sie studierte Geschichte, Romanistik und Politik und legte das zweite Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien ab. Angesichts des damals vorhandenen Stellenmangels orientierte sie sich neu und legte die Gesellenprüfung zur Gärtnerin mit Fachrichtung Gemüseanbau ab. Der erste Grundstein für ihre Passion könnte bei einem Aufenthalt als Deutschlehrerin in Portugal gelegt worden sein, wo sie in einer landwirtschaftlichen Kooperative und bei Dorfprojekten mitarbeitete. Sie veröffentlichte Bücher und Artikel zum Gärtnern – auch unter pädagogischen Gesichtspunkten für Kinder. Vortragsreisen und die Arbeit an internationalen Umweltprojekten schlossen sich an. So wurde sie 2007 mit dem Preis „Trophée de Femmes“ für Deutschland, der internationalen Umweltstiftung Fondation Yves Rocher ausgezeichnet. Doch die ganz besondere Liebe der heute selbstständigen Gartenpädagogin und –beraterin, gehört eben jenen Pflänzchen, die mit ihren Aromen und Wirkstoffen im Garten, auf dem Balkon oder sogar der Fensterbank bestens gedeihen.
Kräuter: Basilikum als Stimmungsaufheller
Nehmen wir doch der Deutschen liebstes Küchenkraut – die Petersilie. Die sei manchmal etwas launisch, was den Anbau betrifft, weiß Heide Bergmann. Die Expertin rät einen nahrhaften, durchlässigen Boden – am besten im Hochbeet mit Tomaten, Tagetes oder Basilikum – zu wählen. Zwei Jahre verbleiben die krause oder glatte Petersilie im Beet und zeigen sich trotz einiger gelber Blättchen dem Frost gewachsen. Allerdings ist Vorsicht geboten: „Wenn sie blüht, nicht mehr ernten. Das in der Blüte enthaltene Apiol ist leicht giftig“. Was Basilikum angeht – das hat die Autorin des Buches „Lang lebe mein Basilikum“ ins Herz geschlossen. Auch wenn sie mit Blick auf den Reichtum anderer Aromen sagt: „Ich möchte da keine Prioritäten setzen“. Das Kraut in seinen verschiedenen ein- und mehrjährigen Arten aromatisiert nicht nur viele Gerichte, sondern sorgt mit seinem einzigartigen ätherischen Geruch, für ein Wohlgefühl. „Stimmungsaufheller“ sagt man wohl etwas prosaisch dazu. Ansonsten möchte das Basilikum ein bisschen zart behandelt werden. Es mag weder Staunässe noch Kälte oder zu dicht stehende Nachbargewächse. Aus den in Supermärkten und Gärtnereien erhältlichen Töpfen sollte man es deshalb auspflanzen.
Kräuter Vielfältiges Superfood
Dill und Schnittlauch, Bohnenkraut und Borretsch, Majoran, Thymian, Minze und Liebstöckel, Estragon, Kerbel und Koriander, Salbei, Rosmarin und Currykraut – die Garde all der Kräuter, die unser Essen um viele kulinarische Facetten bereichert, ist riesig. Für viele Arten bedeuten die ersten Frostnächte im Herbst einen Einschnitt, andere kann man überwintern. Aber erst der Frühling ermöglicht es, zu säen und zu pflanzen – ans Licht und aus der Erde zu holen, welches Potenzial ein Kräuterjahr bereithält. Erstaunlich, wie vieles auch auf dem begrenzten Raum eines Balkons gedeiht. „Den Standort am besten nach der ursprünglichen Heimat der Pflanzen ausrichten“, empfiehlt die Kräuterexpertin. Mediterranen Kräutern wie Salbei oder Thymian ein sonniges und trockenes Plätzchen anbieten. Basilikum hingegen mag keine pralle Sonne und zieht den Halbschatten vor. Auch Wildkräuter wie Bärlauch und Giersch, für Bergmann „absolutes Superfood“, lassen sich gut im Topf ziehen. Die einzigartig duftende Zitronenverbene, ein Eisenkrautgewächs, ist wunderbar für Getränke nutzbar und besonders in Frankreich als wohltuender Tee geschätzt. Sie gedeiht gut im vollsonnigen Garten oder auf dem Balkon – muss allerdings frostfrei überwintern.
„Kräuter machen glücklich“, sagt Heide Bergmann. Und sie brauchen mit ihren vielfältigen Aromen, Inhaltsstoffen, Blüten und Wuchsformen nicht einmal viel Platz dazu. Fast genauso schön: „Man kann sie für so vieles nutzen: als Würze, Drink, Tee, Arznei, Deko oder für Wellness“. Und was jeder beherzigen kann: „Eine gesunde Küche ist das beste Heilmittel“.
Kräuter im Überblick
Zitronenverbene
Das Kraut lässt sich hervorragend für schmackhafte Getränke Tees verwenden. In einem Schraubglas aufbewahrt, behält sie bis zu drei Jahre ihr Aroma.
Petersilie
Beim Klassiker des Küchenkrauts empfiehlt es sich regelmäßig den Standort zu wechseln – am besten geeignet sind halbschattige Plätze und durchlässige Böden.
Basilikum
Sorgen sie bei dem aromatischen Kraut vor allem dafür, dass es genügend Platz im Topf hat. Andernfalls lässt der Basilikum auf der Fensterbank schnell den Kopf hängen.
Thymian
Der Thymian mag es auf Grund seiner mediterranen Herkunft sehr sonnig und hell. Das Kraut ist winterhart, mehrjährig und kann sogar Temperaturen bis zu -20 Grad trotzen.
Bärlauch
Das Lauchgewächs ist verwandt mit der Zwiebel und dem Knoblauch – daher auch das unverkennbare Aroma. Ähnlich wie Basilikum eignet sich Bärlauch hervorragend für Pesto.
Dill
Ursprünglich aus Vorderasien stammend, ist das Gurkenkraut reich an Antioxidantien und kann bei Verdauungsproblemen helfen. Sehr beliebt ist Dill vor allem in Salaten und Saucen.
Giersch
Oft als Unkraut verschrien kann Giersch bei Übersäuerung helfen und Gelenkschmerzen mildern. Wie Spinat zubereitet oder als Beigabe zum Salat ist das Heilkraut kulinarisch vielfältig.
Gabriele Meyer