NABU-Experte verrät: Weshalb Insekten für unser Ökosystem so wichtig sind

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Marco Lutz, Geschäftsführer des NABU Heilbronn-Hohenlohe, ist schon seit seiner Kindheit begeisterter Naturschützer. Besonders haben es ihm Insekten angetan. Im Interview verrät er, welche Bedeutung die kleinen Krabbler für unser Ökosystem haben – und weshalb sie gefährdet sind.

Insekten in unserem Ökosystem
Insekten sind für unser Ökosystem besonders wichtig. Foto: AdobeStock/Daniel Prudek

Wunderschön und in allen schillernden Farben des Regenbogens summt sie durch das Schilf am Teich. Rastet am Ufer, jagt ihre Beute – meistens kleinere Fliegen – und stellt ihre beeindruckenden Flugkünste zur Schau.

„Die Libelle ist für mich ein faszinierendes Tier“, sagt Marco Lutz, Geschäftsführer des Naturschutzbundes (NABU) Heilbronn-Hohenlohe. „Die Larve lebt zunächst als Fleischfresserin unter Wasser, jagt Kaulquappen und ist eher unscheinbar. Als ausgewachsenes Insekt hat sie eigentlich nichts mehr mit dem Wasser zu tun, sondern ist eine geschickte Fliegerin und sehr schön anzusehen.“

Umwelt und Insekten schützen

Bereits als Jugendlicher engagiert sich Lutz beim Jugendverband des NABU und in der Schule für die heimische Flora und Fauna. „Unsere Schule hatte ein naturnah gestaltetes Gelände, das wir in einer AG gepflegt haben – so bin ich Naturschützer geworden“, sagt er. „Die Natur, die Biodiversität und der Erhalt unseres Klimas – und damit nicht weniger als unserer Lebensgrundlage – lagen mir immer am Herzen. Mir war schnell klar, dass ich das beruflich machen möchte.“ Eine Ausbildung als chemisch-technischer Assistent öffnet ihm die Welt in die Naturwissenschaft.

Marco Lutz hat 2021 nun vollständig sein Hobby zum Beruf gemacht. Dafür hat es ihn nach Heilbronn verschlagen. Als NABU-Geschäftsführer unterstützt er das Ehrenamt und die Öffentlichkeitsarbeit, organisiert Veranstaltungen und betreibt Lobbyarbeit in der regionalen Parteipolitik. „Dabei versuche ich so gut es geht, die Forderungen des Naturschutzes unterzubringen,“ erläutert er. Gleichzeitig ist Lutz schon lange ein Insektenfreund. Beruflich bedingt beschäftigt er sich mit ihnen an seiner früheren Stelle bei der Technischen Universität München – dort arbeitet er an einem Biodiversitätsforschungsprojekt mit.

„Wir haben durch eine Langzeitstudie den Insektenschwund in seinem Ausmaß bestätigt und auch im Wald nachgewiesen“, sagt der gebürtige Schwarzwälder. Sehr spannend für ihn ist dabei, wie die kleinen Tierchen in das Ökosystem hineinpassen und ihren Beitrag zu einer natürlichen Balance leisten.

Insekten in unserem Ökosystem
Obwohl Insekten nicht immer beliebt sind, haben sie für unser Ökosystem eine wichtige Funktion. Foto: Adobe Stock/Pavel

Insekten als „Basis für unser Ökosystem“

Den allerbesten Ruf haben Insekten eigentlich nicht. Manchmal als Ungeziefer verschrien, wie die Wanze, manchmal als störend empfunden beim gemütlichen Eisbecher schlecken, wie die Wespe. Häufig ordnen wir sie auch falsch ein. „Man erkennt Insekten an ihren sechs Beinen – nicht mehr, nicht weniger,“ sagt der Naturschützer. Spinnen, Zecken oder auch Tausendfüßler gehören zu anderen Tierstämmen.

Doch trotz all der Unannehmlichkeiten, die wir durch die Krabbeltiere empfinden – wie wichtig sind sie für unsere Umwelt? „Sehr – und das auf ganz vielen Ebenen“, bekräftigt Lutz. Zum einen dienten sie der Bestäubung der Pflanzen – die wiederum für unsere Nahrung sorge sowie für die Fortpflanzung vieler Gewächse. Zum anderen seien Insekten die Ernährungsgrundlage für Vögel und andere Tiere, die wiederum gleichfalls Teil der Nahrungskette sind.

„Insekten sind zudem sehr weit unten in dieser Kette angesiedelt und machen zahlenmäßig eine wahnsinnig große Menge aus. Sie bilden die Basis für unser Ökosystem“, erklärt der Experte. Sollte es eine Insektenart nicht mehr geben, wäre das erst einmal nicht wahnsinnig relevant für das System. „Aber alle Tiere hängen irgendwie von anderen Arten ab. Und bricht das Fundament zusammen, ist das auch für uns gefährlich.“

Ökosystem in Gefahr

Vor allem der Klimawandel beeinflusst das Insektenleben immens. Ökosysteme verändern sich dadurch von Grund auf und sind teilweise gefährdet. „Starkregen, die immer häufiger vorkommen, sind für viele Kerbtiere das Todesurteil.“ Besonders die Bestäuber haben es schwer – die Dürren behindern das Pflanzenwachstum, was wiederum weniger Nahrung für die Insekten bedeutet. Aber auch Schmetterlinge, Dungkäfer oder Libellen sind davon betroffen. Aufgrund von giftigen Insektiziden gibt es kaum noch einen Lebensraum für sie. Aufgrund der Klimaveränderung kommen Arten, die eigentlich im Mittelmeerraum heimisch sind, bei uns an. Dies sorgt dafür, dass mehr Arten sich um dieselbe ökologische Nische bemühen und so das Ökosystem destabilisieren.

Der NABU setzt auf mehrere Projekte zum Schutz der Biodiversität. Ein wichtiger Baustein ist dabei die Bildung von Kindern und Erwachsenen. „Wir machen Insektenführungen, führen die Kleinsten spielerisch an das Thema heran und vom Bundesverband kann man sich sogar zum Insekten-Scout ausbilden lassen“, erläutert Lutz. Aber auch praktischer Naturschutzarbeit, wie der Pflege von Streuobstwiesen, hat sich der NABU Heilbronn-Hohenlohe verschrieben. „Im Herbst wird dann aus den Früchten Birnen- oder Apfelsaft produziert – so schützen wir nicht nur den Lebensraum der Insekten, sondern es kommt auch der Gemeinschaft zugute.“ Die Vielfalt dieser Wiesen ist essenziell, um möglichst vielen Insekten zu helfen, denn die seien meist auf einzelne Pflanzen spezialisiert, die sie zum Leben brauchen.

Selbst aktiv werden

Wie kann man denn als Privatperson aktiv werden? „Grundsätzlich hilft alles, was blüht und bestäubbar ist. Man muss selbst kein Gewächshaus haben, heimische mehrjährige Blühmischungen aus dem Handel reichen meist schon, um den Insekten im Garten oder auf dem Balkon einen Lebensraum zu schaffen“, sagt der Experte.

Fabienne Acker

Marco Lutz vom NABU Heilbronn-Hohenlohe
Foto: NABU – Bianka Lungwitz

Marco Lutz, Geschäftsführer des NABU Heilbronn-Hohenlohe, liebt es, draußen an der frischen Luft zu sein – und das schon seit er denken kann.

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